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Die 3 Rs - Zement aus Muschelschalen

3rs cover illustration

Überblick

Primarstufe, Sekundarstufe

Biologie, Chemie

Nachhaltigkeit

Deutsch

Zusammenfassung

Stichworte: Biobasierte Produkte, Biomasse
Disziplinen: Biologie, Chemie, Wirtschaft
Altersstufe der Schüler: Primar- und Sekundarstufe (jedes Kapitel verfügt über eine grundlegende Laborübung, die sich für die Primarstufe eignet und eine zusätzliche für die Sekundarstufe; Zulassung der Chemikalien für die jeweilige Altersstufen bitte prüfen)
Zeitrahmen: 45 - 90 Minuten pro Übung
Partner: Laden Sie Wissenschaftler*innen ein, eine Unterrichtsstunde zu halten, oder besuchen Sie mit Ihrer Klasse ein Unternehmen, das biobasierte Produkte herstellt.

SDG 9 - Industrie, Innovation und Infrastruktur SDG 11 - SDG11 - Nachhaltige Städte und Gemeinden SDG11 - Nachhaltiger Konsum und Produktion

Inhaltsverzeichnis 

Konzeptionelle Einführung
Einführung in das Thema für die Schüler*innen
Experiment: Branntkalk aus Muschelschalen
Experiment: Zement herstellen 

Konzeptionelle Einführung

Die weltweite Produktion von Beton ist für 6-8 % der gesamten CO2 -Emissionen der Welt verantwortlich. Mit dieser Unterrichtseinheit kann die Lehrkraft auf die Notwendigkeit hinweisen, den Verbrauch von Beton zu reduzieren und mit dem Recycling von bereits produziertem Beton zu beginnen.

Beton wird durch Erhitzen von Kalkstein (fossiles CaCO3) und Sand als Bindemittel (SiO2) auf 1400 °C hergestellt, was enorme Energiemengen erfordert. Außerdem setzt das CaCO3 dabei fossilisiertes CO2 frei. Die hohe Temperatur ist erforderlich, um anamorphe SiO2 -Kristalle zu erzeugen. Die in der Pflanzenasche enthaltenen Kieselsäuren sind jedoch ebenfalls anamorph, so dass eine längere Erhitzung von Biomaterialien (wie Reishülsen) die Kieselsäure liefern kann. Der Dekarbonisierungsprozess von CaCO3 erfolgt bei Temperaturen unter 1100 °C.

Transp

Einführung in das Thema für die Schüler*innen

Zur Einführung in das Thema können sich die Schüler*innen ein Video ansehen, z.B. 

Can concrete, a major CO2 emitter, be made greener?

Anschließend können sich die Schüler*innen mit der traditionellen Betonherstellung und mit Alternativen, z. B. der Herstellung aus verschiedenen Rohstoffen, beschäftigen.

Experiment: Branntkalk aus Muschelschalen

VORSICHT: Dieses Verfahren erfordert das Erhitzen mit einem elektrischen Brenner oder einer offenen Flamme. Das Produkt (CaO) ist eine ätzende starke Base. Das Tragen eines Augenschutzes wird dringend empfohlen. 

Bei dieser Aufgabe wird Branntkalk aus Biomaterialien (Muschelschalen) und anamorphem Siliziumdioxid (aus Reishülsen oder Asche) hergestellt. Für dieses Experiment ist der Zugang zu einem Ofen erforderlich, der über längere Zeit Temperaturen von 1100 °C erreichen kann (normalerweise ein kleiner Elektroofen, der zum Schmelzen von Silber verwendet wird - optional kann man es auch mit einem Bunsenbrenner mindestens 5 Minuten lang erhitzen).

Der theoretische Hintergrund und die Chemie finden sich als Hinweise in der Unterrichtseinheit.

Ziel ist es zu erklären, wie fossiles CO2 bei der Zementherstellung freigesetzt wird.

Woraus sind die Schalen eigentlich gemacht?

Die Schalen bestehen hauptsächlich aus Kalziumkarbonat (CaCO3) und Keratin.

Wie wachsen die Muscheln?

Sie nehmen Ca2+ und CO32- aus dem umgebenden Wasser auf, CO32- steht im Gleichgewicht mit atmosphärischem CO2

CO2 (g) + H2 O (l) ⇆ H2 CO3 (aq) ⇆ 2H+ + CO32-

Wann sind sie gewachsen?

In den letzten Jahren. Dies ist ein Beispiel für einen kurzfristigen Kohlenstoffkreislauf. Zunächst nehmen die Muscheln während ihres Wachstums CO2 auf. Die spätere Freisetzung dieses CO2 in der gleichen Atmosphäre führt demnach nicht zu einem Anstieg der CO2 Werte.

Was passiert normalerweise mit den Muscheln?

Sie reichern sich in Sedimenten an und werden langsam in Kalkstein umgewandelt (wiederum hauptsächlich CaCO3). Die Fossilisation dauert Millionen von Jahren. Wird also Kalkstein als Material für gebrannten Kalk verwendet, wird fossiles CO2 in unsere Atmosphäre freigesetzt.

Materialien:

  • Muschelschalen
  • Mörser mit Stößel (oder eine andere Methode zum Zerkleinern der Schalen)
  • Tiegel (oder Becher aus rostfreiem Stahl)
  • Reagenzgläser (oder kleine Gläser)
  • Pipetten (oder Strohhalme) zur Handhabung kleiner Flüssigkeitsmengen
  • Verdünnte HCl 1 mol/dm3 (oder Essigsäure)
  • Waage
  • Lackmuspapier zur Überwachung des pH-Werts (optional)

1. Nach einer köstlichen Mahlzeit aus Austern oder Venusmuscheln, werden die Muschelschalen gewaschen und geschrubbt. Es ist auch möglich, Restaurants in der Nähe anzufragen, ob diese die Schalen zur Verfügung stellen können. Die Schalen müssen danach mindestens 30 Minuten lang bei 250 Grad in einem Ofen getrocknet werden, sonst beginnen sie unangenehm zu riechen. Dadurch verdampft das in den Mikroporen der Muscheln gebundene Wasser und macht sie brüchig.

Wie weit ist deine Küche vom Meer entfernt, welche Ressourcen wurden für den Transport der Muscheln zu deinem Standort verwendet? (höchstwahrscheinlich fossiler Brennstoff)

2. Die Schalen werden zerkleinert und zu einem feinen Pulver gemahlen. Dieser Schritt ist wichtig, um die Reaktionen zu beschleunigen. Das Pulver wird leicht grau sein.

Die Schalen werden zerkleinert
© Science on Stage
Die Schalen werden zerkleinert
Die zerkleinerten Schalen
© Science on Stage 
Die zerkleinerten Schalen

3. Es werden drei Reagenzgläser mit Wasser befüllt. In zwei der Röhrchen wird ein wenig von den gemahlenen Schalen hinzugegeben. CaCO3 löst sich nicht in Wasser auf. Wenn der pH-Wert mit Lackmuspapier gepüft wird, fällt auf, dass es derselbe ist wie in dem Röhrchen mit reinem Wasser. Der pH-Wert wird durch CaCO3 nicht beeinflusst. 

PH Test
© Science on Stage 
Vorbereitung des pH Tests
Reagenzgläser
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Ein Röhrchen nur mit Wasser gefüllt, zwei mit CaCO3-Zusatz
pH-Test mit Lackmuspapier
© Science on Stage
pH-Test mit Lackmuspapier

4. HCl (oder Essigsäure) wird tropfenweise in das dritte Röhrchen gegeben. Die feineren, im Wasser schwebenden Teilchen lösen sich schnell auf, und es entstehen kleine Gasblasen. Wird mehr Säure hinzugefügt, läuft die Reaktion viel schneller ab.

Reagenzgläser vorbereiten
© Science on Stage
Reagenzgläser vorbereiten
HCl hinzugeben
© Science on Stage
HCl hinzugeben
Gasblasenbildung
© Science on Stage
Gasblasenbildung
mehr HCl bedeutet höhere Blasenbildung
© Science on Stage
Mehr HCl bedeutet höhere Blasenbildung

Kohlendioxid: 2H+ + CO32- → H2 O + CO2 (g).

Die Schüler*innen können das Gas untersuchen, indem sie es auffangen (z.B. indem sie das Rohr mit dem Daumen verschließen) und prüfen, wie es auf ein brennendes Streichholz wirkt.

5. Im Anschluss wird ein Tiegel (oder Stahlbecher) genommen, gewogen und das Gewicht notiert, das das Taragewicht sein wird. 1-2 g gemahlene Muscheln hinzugegeben und erneut wiegen. Die Differenz zwischen diesem Gewicht und des Taragewichts ist das Gewicht des Ausgangsmaterials.

Abwiegen des Tiegels
© Science on Stage
Abwiegen des Tiegels
Ausgangsstoff
© Science on Stage
Ausgangsstoff

6. Den Tiegel auf einen Elektrobrenner stellen und mindestens 1 Stunde lang erhitzen. Aus Alufolie kann eine Abschirmung hergestellt werden, um die Temperatur zu erhöhen. Es ist auch möglich, einen Bunsenbrenner für mindestens 5 Minuten zu verwenden. Zu Beginn wird das Pulver dunkel, während Keratin und andere Proteine verbrennen. Das Produkt (CaO) wird eine etwas hellere Farbe haben.

Dies ist ein langsamer Prozess, der als Kalzinierung bezeichnet wird:

CaCO3 (s) ⇆ CaO(s) + CO2 (g)

Es handelt sich um eine endotherme Gleichgewichtsreaktion. Der Tiegel sollte nicht mit einem Deckel abgedeckt werdne, denn obwohl ein Deckel die Temperatur erhöht, läuft die Reaktion insgesamt langsamer ab, da das CO2 abgeführt werden muss. Das Produkt CaO wird Branntkalk oder gebrannter Kalk genannt.

Diskussion:

Wie viel zusätzliches CO2 wird während des Erhitzens freigesetzt? (Der Brennstoffverbrauch kann durch Wiegen des Bunsenbrenners vor und nach dem Brennen geschätzt werden).

Elektrobrenner
© Science on Stage
Elektrobrenner
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Elektrobrenner
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Bunsenbrenner
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7. Den Schmelztiegel abkühlen lassen und erneut wiegen.

Berechnung

8. Die Abnahme sollte mindestens 20 % des Gewichts des Pulvers betragen. Wenn nicht, muss erneut erhitzt werden. Wie lange dies dauert, hängt stark von der Temperatur ab und davon, wie feinkörnig die Schalen sind.

Der maximale Masseverlust beträgt 44 %, wenn man davon ausgeht, dass die Schalen nur CaCO3 (M = 100 g/mol) enthalten und das Produkt nur CaO (M = 56 g/mol) ist.

9. Wenn sich die Masse um mindestens 20 % reduziert hat, herzlichen Glückwunsch! Es ist gelungen, CaO oder Branntkalk auf traditionelle Weise herzustellen.

VORSICHT: Das Produkt ist ätzend!

Wenn etwas von diesem Produkt in das dritte Reagenzglas gegeben wird und der pH-Wert erneut getestet wird, wird erkennbar, dass der pH-Wert steigt.

Letzter Test

CaO(s) + H2 O ⇆ Ca(OH)2 (aq)

10. Nun soll etwas gelöschter Kalk oder Calciumhydroxid hergestellt werden. Einen Teil des CaO in eine Petrischale geben. Ganz vorsichtig einige Tropfen Wasser hinzugeben. Das Wasser wird schnell vom CaO absorbiert, wobei Ca(OH)2 entsteht. Die Reaktion ist stark endotherm und die Petrischale wird heiß. In diesem Video kannst du das Verfahren sehen.

 

Das Video illustriert die im Text beschriebene Versuchsdurchführung. Die Untertitel sind in englischer Sprache.

Wenn gelöschter Kalk mit SiO2 (Sand) gemischt wird, erhält man im Wesentlichen Zement, der im Laufe der Zeit aushärtet und fest wird.

Zement kann mit anderen Formen von Siliziumoxiden gemischt werden, um Beton herzustellen.

11. Wasser tropfenweise zugeben, bis das Pulver gesättigt ist (d. h. beginnt feucht zu werden) und sich das gesamte Produkt in Ca(OH) verwandelt. Zehn Minuten stehen lassen. Es ist zu erkennen, dass sich noch mehr in das Wasser aufgelöst hat. Dies ist auf die inverse oder retrograde Löslichkeit zurückzuführen. Anders als man erwarten würde, ist Ca(OH)2 in kaltem Wasser (25 °C) etwa doppelt so gut löslich wie in heißem Wasser (75 °C). Im Video kann man den Effekt sehen.

 

 

Die umgekehrte Löslichkeit ergibt sich daraus, dass die Gleichgewichtsreaktion der Solvatisierung exotherm ist: Ca(OH)2 (s) ⇆ Ca2+ + 2OH -

Nach dem „Prinzip von Le Chatelier“ begünstigt Wärme das Gleichgewicht nach links (d. h. die Solvatisierungskonstante Ksp nimmt ab). Wenn eine gesättigte Lösung von Ca(OH)2 erhitzt wird, wird sie weniger löslich.

Wenn also in unserem Prozess Wasser zu dem CaO hinzugefügt wird, das Ca(OH)2 (aq) bildet, wird die Wärme die Bildung von Ca(OH)2 (s) in der Lösung begünstigen. Beim Abkühlen verlagert sich das Gleichgewicht mehr nach links.

12. Nach zwei Tagen ist das Ca(OH)2 ausgehärtet und bildet eine trockene Kruste. Der gelöschte Kalk reagiert mit CO2 in der Luft. Das Produkt ist wieder CaCO3 (s). Herzlichen Glückwunsch! Es ist gelungen, Zement herzustellen. 

Dies wird als Aushärten oder Abbinden bezeichnet.

Ca(OH)2 (s) + CO2 (g) ⇆ CaCO3 (s) + H2 O(g)

Das Gleichgewicht wird durch niedrige Luftfeuchtigkeit begünstigt.

Zement
© Science on Stage
Zement

13. Um zu überprüfen, ob man wieder CaCO3 hat, kann wie zuvor HCl hinzugefügt werden. Dadurch verdampft das CO2, wie im Video zu sehen ist.

 

 

Autor*innen von Die 3 Rs – Produkte der Zukunft Anders Florén (SE), Iro Koliakou (GR), Maria Zambrotta (IT)

Links zum Weiterleiten an Ihre Schüler*innen

  1. Can concrete, a major CO2 emitter, be made greener? , PBS ausgestrahlt am 8. August 2021

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